Der Habitatbaum

Als Habitatbäume werden Bäume bezeichnet, die besondere Lebensräume für andere Lebewesen anbieten. Dazu zählen u.a. Baumhöhlen, die oft vom Specht gezimmert wurden, aber auch auf ganz andere Weise (z.B. Verwachsungen) entstanden sein können. Uns interessieren Habitatbäume mit Baumhöhlen, weil die Honigbiene als 2. oder 3. Mieter darin siedelt. Dies tut sie schon seit Millionen von Jahren. Unsere ehemals heimische Honigbiene, Apis mellifera ssp. mellifera lebte in unseren Breiten vor allem als Waldbiene.

 

Habitatbäume sind für den Artenschutz von großer Bedeutung:  Ihre Höhlen  dienen als Schlaf- und Überwinterungsplatz, Wohnraum, Nahrungsdepot oder zur Jungenaufzucht.  Rund 60 Tierarten, viele davon gefährdet oder vom Aussterben bedroht, sind auf diese Baumhöhlen angewiesen. Dazu zählen unter anderem  der Siebenschläfer, die Hohltaube, der Raufußkauz, die Hornisse, der Baummarder, die Schellente, das Eichhörnchen und der Abendsegler. Hauptursache ihrer Gefährdung ist oft ein mangelndes Angebot von großen Baumhöhlen. Solche Habitatbäume brauchen Jahrzehnte bis zu ihrer Entstehung. Voraussetzung dafür ist aber, dass auch Altbeständen eine Chance gegeben wird. Derartige Habitatbäume unterliegen also aus gutem Grund einem besonderen Schutz (Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG, § 44 Abs. 1 Nr. 3).

 

Bild 1: Hier ein Bild vom Urwald Sababurg in Nordhessen. So kann Wald auch aussehen. Beeindruckend ist die unglaubliche Zahl an Baumhöhlen in allen Größen. 

 Aber Achtung: Holz liefert ein solcher Urwald nicht. Dafür sind Nutzwälder unverzichtbar. 

 

Mit Bau- und Möbelholz kann Zement und Metall substituiert und Kohlenstoff langfristig gebunden werden. Damit leistet der Nutzwald einen sehr wichtigen Beitrag für den Klimaschutz. In einem solchen Wald jedoch herrscht akute Wohnungsnot für viele bedrohte Tierarten. 

Nutzwälder müssen nicht so kompromisslos auf die Holzproduktion ausgerichtet sein. Denn es gibt Nutzungskonzepte, die genügend Raum lassen für Totholz, Habitatbäume und damit auch für Artenvielfalt und Biodiversität.  


Ein zerstörter Habitatbaum

Es war im Februar 2021: Am Rand eines Forstweges mitten im Deister (Höhenzug an der Nordgrenze des Niedersächsischen Berglandes südlich von Hannover) lagen aus forstwirtschaftlicher Sicht relativ minderwertige Buchenstämme, weil krumm, verzweigt oder im Inneren faul. 50 Meter weiter lagen die geraden und gesunden Stämme. Sie bringen das Geld. Krummes Holz lässt sich nur als Brennholz verkaufen. Wir interessieren uns, wie oben erklärt, für die hohlen Baumstämme. 

 

Dieses Mal machte ich einen besonderen Fund. Denn in einem hohlen Stamm fand ich Waben von wildlebenden Honigbienen aus dem Jahr 2020. Ein Beleg für wildlebende Honigbienen, fern ab eines betreuten Bienenstandes. Solche Nester sind sehr selten, ihre Sichtung, vor allem in belaubten Wäldern, extrem schwierig. Wäre das Nest nicht zerstört und das Volk noch am Leben gewesen, wäre ein solcher Fund für uns wie ein Sechser im Lotto. Die Beobachtung der Lebensweise der wildlebenden Honigbiene in ihrer natürlichen Umgebung, also ohne jegliche imkerliche Betreuung und ganz auf sich selbst gestellt, verspricht neue interessante Erkenntnisse. 

Durch die Fällung war das Nest aber komplett zerstört worden. Für die Bienen gab es keine Überlebenschance. Die Forstwirtschaft hat hier einen wertvollen Habitatbaum zerstört.  

Natürlich kann es auch bei der Arbeit im Wald Ausrutscher geben, weil man eine verdeckte kleine Höhle in der Baumkrone nicht gesehen hat. Der Eingang dieser Großhöhle war aber nicht zu übersehen. Wahrscheinlich wird dem Waldeigentümer überhaupt nicht bewusst sein, was er da angerichtet hat. Diese Baumhöhle hat nicht nur für wildlebenden Honigbienen als Behausung gedient, sie wäre sicher auch ein gutes Winterquartier für viele andere mehr oder weniger geschützte Tierarten gewesen. 

Zur Rechtslage: Das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG, § 44 Abs. 1 Nr. 3)

Höhlenbäume sind aus gutem Grund nach dem Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG, § 44 Abs. 1 Nr. 3) geschützt. Es ist verboten, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten wild lebender Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Der Schutz von Höhlenbäumen ist auch nicht an die momentane Anwesenheit dieser Tiere gebunden. Solche Bäume müssen stehen bleiben, da es sich um Fortpflanzungs- und Ruhestätten handelt. Der §44 BNatSchG (§ 44 Abs. 4 S. 1) beschreibt jedoch auch Handlungen, die hiervon ausgenommen sind, also keinen Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote darstellen. Zu diesen Handlungen zählt unter anderem die forstwirtschaftliche Nutzung, soweit ihre Durchführung der „guten fachlichen Praxis“ entspricht. 

Ist damit der „guten fachlichen Praxis“ alles erlaubt? Wir meinen: Nein! Denn die Entnahme von deutlich sichtbaren Habitatbäumen/Höhlenbäumen entspricht nicht einer guten fachlichen Praxis (gfP), sondern stellt einen Verstoß gegen § 44 BNatschG dar. 

 

Unser Anliegen ist es, die Waldbesitzer dahingehend zu sensibilisieren, dass sie die naturschutzfachliche Bedeutung dieser Habitatbäume erkennen und von sich aus solche Bäume stehen lassen. Mal sehen, wie weit wir mit diesem Ansatz kommen.  


Wie geht es weiter?

1. Schritt: Gemeinsam mit dem NABU-Hameln soll versucht werden, die Waldbesitzer dahingehend zu sensibilisieren, dass sie die naturschutzfachliche Bedeutung dieser Habitatbäume erkennen und von sich aus solche Bäume stehen lassen.

Außerdem besteht die Absicht, diesen ursprünglich mit Honigbienen besiedelten Buchenstamm wieder herzurichten, dass er seine alte Funktion am alten Standort wieder  aufnehmen kann. Wenn möglich, soll das ganze durch entsprechende Presse- und Bildungsarbeit begleitet werden.  

Der Leiter der Forstgenossenhaft zeigte sich zunächst kooperativ. Er wollte dafür sorgen, dass dieser Stamm nicht abgefahren wird. Dann kam aber alles anders. 

Entgegen der Zusage des Leiters der Forstgenossenhaft wurde die kostbare Baumhöhle abgefahren. Irgendein Unrechtsbewusstsein schien nicht zu bestehen. 

 

Der 2. Schritt: Die zuständige Untere Naturschutzbehörde (UNB) in Hameln hatte zugesagt (3.5.2021) aktiv zu werden, in dem sie nun den Kontakt mit der Forstgenossenhaft herstellte. Beabsichtigt war, dass die forstliche Betreuung, die die Auszeichnung vornimmt, entsprechend sensibilisiert und auf die ökologische Bedeutung solcher Habitatbäume hingewiesen wird. Die UNB wollte den Verein über den Fortgang der Aktivitäten berichten. Nichts von dem ist realisiert worden.  Die UNB blieb untätig.  

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